Unsere vorerst letzte Destination in der Türkei ist die Stadt Kars und die nahegelegene Ruinenstadt Ani. Die südlichen Landesteile werden wir voraussichtlich auf unserer Rückreise besuchen.
Kars hat eine bewegte Geschichte. In den letzten Jahrhunderten wurde die Stadt immer wieder geplündert und dem Erdboden gleich gemacht. Armenier, Seldschuken, Mongolen, Osmanen und Russen wollten alle die Herrschaft haben. Bis zum Ende des ersten Weltkrieges, war Kars unter der Kontrolle von Russland's Zaren bevor es in Osmanische, wieder in Armenische und schlussendlich wieder in Osmanische Hände geriet.
Und so ist es nicht verwunderlich, dass weite Teile der Altstadt mit ihren massiven Gebäuden aus schwarzem Basalt einer Bastion gleichen. Vor Allem die Architektur aus der Zeit der Russischen Besatzung ist noch überall ersichtlich. Die schweren, dunklen Bauten sind nicht schön, aber sie machen auf jeden Fall Eindruck und strahlen eine traurige Melancholie aus. Viele Häuser sind heruntergekommen und aus zahlreichen Gebäuden wachsen Büsche und Gräser.
Einige Bauherren dachten wohl, dass die düstere Atmosphäre Kars‘ durch Pastelltöne übertüncht werden könne. Und so dominieren nebst den alten Basaltbunkern neuere Wohntürme in hellgelb, lachs, pfirsich, rosa und hellblauen Tönen. Und es gibt unzählige gemütliche Kaffees! In den bitterkalten Wintermonaten werden diese wahrscheinlich ziemlich voll sein. Jetzt ist es hier eher ruhig und es gibt eigentlich nicht viel zu tun oder zu besichtigen.
Aber es gibt ein Käsemuseum. Wir staunen nicht schlecht, als uns in dieser spannenden Ausstellung erklärt wird, wo der Ursprung des Gruyère-Käse liegt und wie genau diese Spezialität aus der Schweiz hergestellt wird. Irgendwann im 19. Jahrhundert wurden unsere Kühe offenbar hierher exportiert und die Bauern von Kars haben unter Aufsicht von Schweizer Experten das Käsen gelernt. Und so ist Kars heute eine bekannte Käse-Stadt. Und der Kars Gruyère ist richtig gut und geschmacklich sehr nahe bei "Unserem".
Von Kars fahren wir durch die Steppe in die Ruinenstadt Ani - früher so bedeutend wie zur gleichen Zeit die Metropole Konstantinopel (Istanbul), versank Ani in Bedeutungslosigkeit und liegt heute mehrheitlich in Trümmern. In mühseliger, schweisstreibender Arbeit werden die Überbleibsel dieses Unesco Weltkulturerbes von Fachkräften mit Hammer und Meissel restauriert. Sisyphus lässt grüssen, denk ich mir da.
Dennoch, die gewaltigen Stadtmauern lassen erahnen, was hier mal gestanden hat. Kirchen, Kathedralen, Wehrtürme, Karavansereien, Handelsplätze und vieles mehr. Das Gebiet ist riesig und die einzelnen Ruinen verlieren sich fast in der Steppe. Eine Stille wie man sie heute kaum noch findet, liegt über dem weitläufigen Plateau.
Einige Gebäude erblicken wir auf der anderen Seite des Flusses - also in Armenien. Der Grenzfluss liegt in einem dunklen Graben, was die Beziehung der beiden Nachbarländern leider schön illustriert. Seit 1993 sind die Grenzen zwischen der Türkei und Armenien nämlich geschlossen. Ani war und ist auch immer wieder Zankapfel der beiden Nationen. Für die Armenier nämlich ist Ani eine wichtige Erinnerung an glanzvolle Zeiten ihrer früher mächtigen Könige. Heute auf Türkischem Boden stehend, wurde Ani viele Jahrhunderte lang dem Schicksal überlassen und zerbröckelte langsam aber stetig.

Für uns geht es nun weiter nordwärts, eben entlang dieser Türkisch-Armenischen Grenze. Wir wollen in drei Tagen die Grenze zu Georgien passieren. Und die Türkei zeigt sich uns in diesen letzten Tagen nochmals von ihrer besten Seite. Wir übernachten an einem schönen Fluss, wo uns Gänse und Kühe besuchen. Der Gänsehirt freut sich über einen Kaffee und wir werden im Gegenzug von Picknick-Gästen mit saftigen Pouletflügeli vom Grill verwöhnt.
Unser letztes Lager kurz vor der Grenze schlagen wir am Lake Cildir auf. Der nette Wirt des Fischrestaurants serviert uns hervorragenden Hecht und ein letztes Glas Cay. Und er schwärmt vom Lake Cildir im Winter. Der See ist nämlich mehrere Monate zugefroren und man kann Eisfischen, Pferdeschlitten fahren, Eislaufen oder einfach die spektakuläre Landschaft geniessen. Das tönt ganz so, als möchten wir da auch dabei sein und so teilen wir dem Wirt mit, dass wir im März wiederkommen werden.
Also auf Bald liebe Türkei - es war schön bei dir.
Ihr Lieben 3 Die Reiseberichte sind durch-wegs sehr beeindruckend und sorgfältig verfasst. Mein Kompliment!
Beim Lesen der Texte und Betrachten der Bilder werden Erinnerungen gepaart mit ein wenig Wehmut wach. Ich wünsche euch gute Reise und viele einmalige Erlebnisse und Er-fahrungen. Mit frohem Gruss aus Stans Res